von Katharina von der Leyen
Agent Frank ist kein normaler Hund, das sieht man auf den
ersten Blick. Er sieht aus wie eine Mischung aus andalusischem Kampfstier,
Weißwurst und Marzipanschwein. Sein Gesicht wirkt, als laste auf seinen
Schultern das Elend dieser Welt, aber sein Blick ist feurig. Er ist vorlaut,
redet ununterbrochen und mischt sich in alles ein, gleichzeitig ist er mutig
und schlau. Seine Präsenz ist zweifelsohne überwältigend. Diese Mischung
macht ihn jedoch noch lange nicht zum Alien. Frank ist ein ganz typisches
Exemplar seiner Gattung: Frank ist ein Mops.
Der Mops ist der Hund der Saison: Durch ihn gewinnt "Men in
Black II" den gewissen rüden Charme, neben Frank reifte Will Smith zum
Manne. Nicht jeder macht neben einem Mops eine gute Figur. Der Mops passt
nur zu psychisch stabilen Menschen, die sich nicht daran stören, dass ihr
bester Freund grunzt, haart, schnarcht und den besten Platz auf dem Sofa
stets für sich beansprucht. Kein Designerhund, der von der Unzulänglichkeit
seiner Herren ablenkt. Der Mops ist kein Modehund, er ist ein Klassiker.
Außerdem ist der Mops kein Hund, er ist eine
Lebenseinstellung. "Möpse sind mit Hunden nicht zu vergleichen", wusste
schon Loriot, "sie vereinigen die Vorzüge von Kindern, Katzen, Fröschen und
Mäusen. Möpse können, wie Menschen im Alter figürlich etwas nachlassen, je
doch an Ausdruck gewinnen."
Die Herkunft des Mopses ist nebulös. Fest steht, dass er
Chinese ist: Das Tier hat die eingedrückte Nase und den Ringelschwanz, den
die Chinesen an ihren Palasthunden damals sehr schätzten. Angeblich brachte
ihn Dschingis Khan dann mit nach Europa. Hundebücher der Jahrhundertwende
dagegen behaupten, der Mops sei mit den Holländern vom Kap der Guten
Hoffnung eingereist. Jedenfalls wird die politische Bedeutung des Mopses oft
unterschätzt: Europa sähe anders aus, hätte nicht in einer Nacht des Jahres
1570 der Mops Pompey gebellt und damit einen Mordanschlag spanischer
Schergen auf seinen Herrn Wilhelm I. von Oranien, Statthalter der
Niederlande, vereitelt. Als Wilhelm III. und Maria von Oranien 1688 nach
England kamen, brachten sie ihre angebeteten Möpse mit, woraufhin die
gesamte englische Aristokratie dem Mops verfiel. Im 18. Jahrhundert war der
Mops in Europa dann voll etabliert, eroberte Burgen, Schlösser, die Herzen
von Fürsten und späten Mädchen. Er wurde der Modehund der Belle Epoque, das
Goldene Kalb des 18. Jahrhunderts. Nachdem der Papst 1740 die Freimaurer
exkommunizierte, gründete der Herzog von Bayern den Mops-Orden, zu dem auch
Frauen Zugang hatten. Apropos Frauen: Sie haben des Mopses Ruf ruiniert,
indem sie ihn, wie beispielsweise Madame Dubarry, mit Goldketten behängten,
bis er zur Witzblattfigur wurde. Ob das daran liegt, dass der Mops mit
seinem unglaublich traurigen Gesichtsausdruck und seinem gleichzeitig
unwiderstehlichen Sinn für Humor oft sehr merkwürdig wirkt? Wilhelm Busch
sah ihn als verzogenen, verfetteten Schoßhund und Alte-Jungfern-Gespielen.
Hier muss etwas zurechtgerückt werden: Entgegen allen Vorurteilen ist der
Mops keineswegs dick, dumm und plump. Für zu viel Liebe, die ihm zufällt,
kann er nichts, dass er als lebendes Plüschtier gehalten wird, ist nicht
seine Schuld.
Wo immer dieser komische, kleine schnaufende Hund auftaucht,
erregt er Aufsehen in hohem Maße, wird entweder heiß geliebt oder voller
Abscheu betrachtet. Bei keiner anderen Rasse wird den begleitenden
Zweibeinern so direkt und auf offener Straße mitgeteilt, dass dieser Hund
nun wirklich unglaublich hässlich sei. Der Mops trägt dies, im Gegensatz zu
seiner aufrechten Begleitung, gewöhnlich mit Fassung. Auch sonst ist dem
Mops im Laufe seiner Geschichte viel Unrecht widerfahren: Er ist so lange
verspottet und angefeindet worden, dass er beinahe ausgestorben wäre. "Die
Welt wird nichts verlieren", schreib der alte Brehm 1864, "wenn dieses
abscheuliche Tier mitsamt seiner Nachkommenschaft den Weg allen Fleisches
geht." Er hat es überlebt, der Mops, und lebt überhaupt länger als die
meisten Hunderassen. 15, 16 Jahre sind für ihn keine Seltenheit. Und für
seine zahlreichen hochmögenden Begleiterinnen und Begleiter ein Segen:
Madame Dubarry ließ sich von einem Mops begleiten, Andy Warhol, Jackie
Kennedy, Winston Churchill, Ernst Jandl, Gracia von Monaco, Heinrich Heine
und Rainer Maria Rilke, Paula Abdul, Gregor von Rezzori und Modedesigner
Valentino verbrachten und verbringen alle ihr Leben mit einem Mops.
Dies hat einen guten Grund: Der Mops hatte nie eine andere
Aufgabe, als geliebt zu werden. Die erfüllt er hervorragend.